Tilda funktioniert. Klaglos gibt sie sich jeden Tag der gleichen Routine hin: Aufstehen, zur Uni pendeln, danach an der Supermarktkasse den Nachmittag abarbeiten und schlussendlich mit ihrer kleinen Schwester Ida ins Schwimmbad fahren, um dort 22 Bahnen zu schwimmen. Oft lässt sie sich nach getaner körperlicher Anstrengung, auf den Boden des Beckens sinken und betrachtet die Leute von unten. Es ist der einzige Moment, der ihr gehört. Zuhause erwartet sie eine alkoholabhängige Mutter, die finanziell, als auch emotional, auf sie angewiesen ist.
Eines Tages wird Tilda aus ihren täglichen Aufgaben und Bürden herausgerissen: Viktor, der grosse Bruder von einem alten Schulfreund, mit welchem sie eine schwierige und mysteriöse Vergangenheit verbindet, erscheint ebenfalls jeden Tag im Schwimmbad, um 22 Bahnen zu schwimmen und stellt dabei Tildas Leben vor unerwartete Entscheidungen und Zukunftsaussichten.
Schwerelos pflügt man mit Tilda durchs Wasser und taucht Seite um Seite tiefer ein, in eine Geschichte, die sich trotz der schweren Themen Sucht, Missbrauch und Verlust, leicht liest und auch schöne Momente zulässt, die dadurch umso tiefer bewegen. Die direkte, moderne Sprache liest sich wie aus einem Guss und zieht einen völlig in seinen Bann. Starke Frauenfiguren und die berührende Liebe zwischen zwei Schwestern, verleihen dem Roman noch den letzten Schliff, ohne dabei kitschig zu werden.
Caroline Wahl, gebürtig aus Mainz, ist mit ihrem Debütroman die perfekte Mischung gelungen: tief bewegend und doch locker, luftig zu lesen. Eine ideale Sommerlektüre, die dazu einlädt im Strandbad zu lesen. Es ist ein Debüt, welches auf weitere Werke der Autorin hoffen lässt.